Gallorömische Brandgräber in Oberdorf (1. bis 2. Jh.)

Grabbeigaben: Schmuck, Gewandfibeln und Fingerring (Fachstelle für Archäologie).
Grabbeigaben: Schmuck, Gewandfibeln und Fingerring (Fachstelle für Archäologie).

 

Im November 1983 entdeckten aufmerksame Bauarbeiter während der Arbeiten am neuen Gemeindehaus von Oberdorf sieben römische Brandgräber, die allerdings zum Teil bereits vom Bagger zerstört waren. Vermutlich wurde also nur ein kleiner Teil des ehemals vorhandenen Gräberfeldes entdeckt, der grössere Teil dürfte unbemerkt zerstört worden sein.

Insgesamt neun Tote waren in den sieben Urnen- und Brandgräbern bestattet: fünf Frauen und zwei Männer, bei einem weiteren Erwachsenen und einem vier- bis fünfjährigen Kind konnte das Geschlecht nicht bestimmt werden. Zweimal waren ein Mann und eine Frau zusammen im gleichen Grab bestattet. Die Gräber dürften auf einer schwach erhöhten Geländekuppe angelegt gewesen sein, die heute kaum mehr zu erkennen ist. Es waren keine Überschneidungen zwischen den einzelnen Gräbern zu beobachten. Dies deutet darauf hin, dass diese in römischer Zeit an der Oberfläche durch einen Grabstein oder ein Holzzeichen gekennzeichnet gewesen sind.

In den Gräbern fanden sich zahlreiche Beigaben. Verbrannte Keramikfragmente, zusammengeschmolzene Glasscherben und Tierknochen zeugen davon, dass Speisen und Getränke als Grabbeigaben mit dem Toten verbrannt worden sind. Ebenso finden sich nicht verbrannte Gegenstände in den Gräbern. In einem Grab kamen elf Fibeln zu Tage, die keine Brandspuren aufweisen. Sie wurden dem Toten erst nach der Kremation ins Grab gegeben. Die Beigaben ermöglichen die Datierung der Gräber. Das älteste Grab dürfte kurz nach der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. angelegt worden sein, die jüngsten Gräber weisen in die Zeit vor 150 n. Chr.

Die Beigaben erlauben auch die Vermutung, dass es sich bei den Bestatteten um eine romanisierte Bevölkerung einheimischer Abstammung ("Gallorömer") gehandelt hat. Für die Dauer des Gräberfelds darf eine Besiedlung der Gegend angenommen werden. Wo die Siedlung – wohl ein Gutshof – war, wissen wir allerdings nicht. Sie dürfte in der Nähe in Oberdorf gelegen haben. In dieser Umgebung gilt es also, das Augenmerk auf eventuell noch vorhandene Spuren dieser Menschen zu richten.

Literatur

Bürgi, Jost: Oberdorf NW. Römische Brandgräber, in: Archäologie der Schweiz 6 (1983), S. 173.