Familienarchiv Zelger: Dokumente zu Sonderbund und Söldnerwesen

Briefe aus fremden Diensten, autobiografische Aufzeichnungen zum Sonderbundskrieg, Korrespondenz mit Schlüsselpersonen der Zeit: Das neu erschlossene Familienarchiv Zelger enthält bemerkenswerte Selbstzeugnisse von Nidwaldner Politikern aus der unruhigen Zeit vor der Bundesstaatsgründung 1848.

Journal von Walter Zelger über die Jahre 1847 bis 1850.
Scharfzüngiges Dokument zum Sonderbundskrieg: Walter Zelgers «Journal interessanter und uninteressanter Tagesneuigkeiten», begonnen im Herbst 1847. Das Tagebuch erstreckt sich bis 1850 und besteht aus 15 dicht beschriebenen Heften. Transkriptionen der bemerkenswerten Aufzeichnungen wurden bereits veröffentlicht. Das Original wurde nun als Teil des Familienarchivs Zelger im Staatsarchiv Nidwalden erschlossen. (Staatsarchiv Nidwalden, P 19-5/4)

«Wenig Neues von Belang. Am Morgen vernimmt man sowohl durch Depesche des Statthalters als durch Privatleute […], dass unser Bataillon Wirsch gestern am 10ten [November] wieder nach Cham beordert und um 12 Uhr mittags wirklich schon von Ebikon abmarschirt ist. Ueble Sensation!» So beginnt das Tagebuch von Walter Zelger-Zelger (1826-1874), angelegt Anfang November 1847 kurz nach Ausbruch des Sonderbundskriegs. «Bei dieser Expedition gab es also nichts als müde Beine - und etwas Schreck [Schrek] als unsere Leute den Knall der auffliegenden Sinserbrücke [Sinserbrüke] bei der Gislikerbrücke [Gislikerbrüke] hörten.» Mit spitzer Feder kommentierte der damals 21jährige Student den missglückten Angriff der katholischen Truppen im aargauischen Freiamt. Der spätere Arzt, Nationalrat und Landammann war von seinem Medizinstudium in Tübingen nach Hause gekehrt. Im Elternhaus auf der Mürg in Stans genoss er einen privilegierten Zugang zu politischen Informationen. Sein Vater Klemenz Zelger-Flüeler (1793-1868) war Dorfarzt und Landammann, im Konflikt mit den liberal-radikalen Kräften vertrat er eine gemässigte Position und handelte Ende November 1847 mit Guillaume-Henri Dufour, dem Oberbefehlshaber der eidgenössischen Truppen, die Kapitulation des Sonderbunds aus.


Scharfzüngig diskutiert Walter Zelgers «Journal interessanter und uninteressanter Tagesneuigkeiten» brühwarmes Insiderwissen zu Themen und Ereignissen, die die Nidwaldner Führungsschicht in den Jahren 1847 bis 1850 bewegten, von der Niederlage der Sonderbundstruppen über Hetzpredigten des lokalen Klerus bis hin zur Ausarbeitung der Kantonsverfassung von 1850. Als «Tagebuch eines konservativen Nidwaldners» wurden die aufschlussreichen Aufzeichnungen 1902 erstmals publiziert, 1970 erschien eine vollständige Transkription mit detaillierten Anmerkungen (Beiträge zur Geschichte Nidwaldens, Heft 32/33). Die Originalfassung des pointierten Zeitdokuments wurde nun im Staatsarchiv Nidwalden erschlossen und verzeichnet, zusammen mit weiteren Akten, Aufzeichnungen und Korrespondenzen aus dem Archiv der Nidwaldner Politikerfamilie Zelger.


Bemerkenswerte Zeugnisse sind etwa auch von Oberst Franz Niklaus Zelger-Businger (1791-1873) überliefert, Bruder von Klemenz Zelger und Sohn des gleichnamigen Landammanns. Franz Niklaus Zelger hatte als Söldner in Spanien gedient und befand sich von 1816 bis 1830 als Grossmajor in holländischen Diensten. In die Schweiz zurückgekehrt startete er eine Militärkarriere als Oberst im Generalstab. Gleichzeitig vertrat er die Interessen Nidwaldens im Kriegsrat des katholischen Sonderbunds. Dort gehörte er zu den besonnenen Stimmen: Mit Nachdruck warnte er vor einer ausländischen Intervention und lehnte auch das Oberkommando über die Sonderbundstruppen entschieden ab. Vertiefte Einsichten in sein Leben als Söldner wie auch in sein politisches und militärisches Engagement verspricht - neben seinen Amtsakten - die nun neu erschlossene umfangreiche Korrespondenz, die er mit Familienmitgliedern, Weggefährten und zahlreichen Schlüsselpersonen seiner Zeit unterhielt.

Monika Burri

 

Akten aus dem Solddients von Oberst Franz Niklaus Zelger.

Oberst Franz Niklaus Zelger (1791-1873) diente als Söldner in fremden Diensten und trat danach eine Militärkarriere auf eidgenössischer und kantonaler Ebene an: Bändelmappe mit Akten, Berichten, Briefen aus der Söldnerzeit. Ablagestruktur des Familienarchivs Zelger vor der Erschliessung (Staatsarchiv Nidwalden)

Briefwechsel mit Rudolf Rüttimann 1831 bis 1852.

Von Oberst Franz Niklaus Zelger ist eine umfangreiche Korrespondenz überliefert, die er mit Familienmitgliedern, Weggefährten und Schlüsselpersonen seiner Zeit unterhielt. In regelmässigem Briefkontakt stand er etwa mit dem Luzerner Regierungsrat und Schultheiss Rudolf Rüttimann, der gleichzeitig in Holland gedient hatte, ebenfalls Oberst im Generalstab war und im Sonderbundskrieg die Luzerner Truppen kommandierte. Von Rüttimann sind rund 125 Briefe aus den Jahren 1831 bis 1852 erhalten. (Staatsarchiv Nidwalden, P 19-3/3.13)